„Wir müssen hinsehen, hinterfragen und uns verändern“

Grüne Kreuze auf en Feldern: Landwirt Marco Schulte-Lindhorst unterstützt den stillen Protest

Ein stiller Protest: Landwirt Marco Schulte-Lindhorst freut sich, wenn Menschen interessiert nachfragen, was das grüne Kreuz

Rietberg (mad). Wer dieser Tage durch die Landschaft fährt, dem werden sie mitunter aufgefallen sein: Vereinzelt stehen große grüne Holzkreuze auf den Feldern. Zum Beispiel auf einem Feld am Varenseller Kreisel. Doch was hat es damit auf sich? Der junge Landwirt Marco Schulte-Lindhorst beteiligt sich damit an einer Protestaktion, die auf Missstände in der Landwirtschaft aufmerksam macht. In ganz Deutschland stehen bereits etwa 25.000 solcher grünen Kreuze.

Angeregt wurde die Aktion durch den Landwirt Willi Kremer-Schilling. Der stellt im Internet und in sozialen Netzwerken die tragende Idee auf seiner Seite „Bauer Willi“ vor und erklärt: „Was einer alleine nicht schafft, das schafft man zusammen“. „Die grünen Kreuze sind ein stiller Protest der Landwirte“, sagt Marco Schule-Lindhorst. Dieser solle aber keinesfalls als ein Jammern angesehen werden, betont er, sondern vielmehr als ein Aufruf zur Solidarität mit den heimischen Landwirten. Die Bauern wollen mit dieser Aktion auf ihre Sorgen und Nöte aufmerksam machen, insbesondere nachdem kürzlich vom Bundesministerium für Landwirtschaft und Umwelt der neue Agrarpakt verabschiedet wurde. „Die darin enthaltenen Auflagen machen es immer mehr Landwirten schwer, ihren Beruf überhaupt noch weiter auszuüben.

Landwirte sind heute von Subventionen abhängig

Da werden ganze Existenzen gefährdet, weil manche Höfe die Vorgaben einfach nicht erfüllen können“, sagt Marco Schulte-Lindhorst, der gemeinsam mit seinem Vater Friedhelm Schulte-Lindhorst einen 95 Hektar großen landwirtschaftlichen Betrieb mit Kartoffelanbau führt, zu dem auch 70 Milchkühe gehören. Dabei gehe es keineswegs um eine Verweigerungshaltung seitens der Landwirte. „Wir wollen ja viele Dinge ändern, gerade im Bereich Tierwohl und der Artenvielfalt arbeiten wir immer an neuen Wegen um die hiesige Landwirtschaft noch besser zu machen, aber das geht nicht von heute auf morgen“, sagt der 24-Jährige und macht eine Beispielrechnung auf: „Wir bekommen 30 Cent pro Liter Milch. Das ist nicht annähernd kostendeckend. Dafür würden wir 42 Cent benötigen. Gleichzeitig wird aber gefordert, dass die Kühe größere Ställe brauchen mit Stroh und regelmäßigen Weidegang. Darauf können Kleinbetriebe gar nicht mehr umrüsten, selbst wenn sie wollten, weil einfach das Geld fehlt. In der Landwirtschaft ist es heute leider so: wachsen oder weichen. Der Strukturwandel unterdrückt die kleineren Landwirte, dabei bleibt trotzdem kein Hektar Ackerland liegen, die Flächen gehen zum nächstgrößeren landwirtschaftlichen Betrieb mit doppelt so vielen Kühen“, so Schulte-Lindhorst. Dabei macht er keinen Hehl daraus darauf hinzuweisen, dass die Landwirtschaft sehr wohl kräftig subventioniert wird. „Aber das ist doch Augenwischerei. Die Landwirtschaft wird subventioniert, damit sie trotz der hohen Auflagen innerhalb der EU zu günstigen Weltmarktpreisen produzieren kann. Der Einzelhandel kauft zu diesen Preisen ein und die vermeintlich günstigen Produkte landen somit bei den Verbrauchern im Einkaufswagen.

Verbraucher sollten hohe Qualität auch wertschätzen

Das ist doch genau das, was sie nicht wollen. Und Landwirte, die ihre Arbeit mit Herz und Leidenschaft verrichten übrigens auch nicht“, sagt er. Dazu ergänzt Schulte-Lindhorst: Verbraucher sollten sich auch einfach einmal fragen, was ihnen qualitative Produkte wert sind. „Oder ob sie lieber billiges Importfleisch kaufen möchten, wo wir keinerlei Einfluss auf die Tierhaltung, Fütterung oder Behandlung der Tiere haben“, sagt er und meint zum Thema Antibiotika: „Was soll ich machen, wenn eine meiner Milchkühe krank ist? Soll ich zusehen, wie das Tier leidet, oder soll ich den Tierarzt holen und dafür sorgen, dass es der Kuh schnell wieder besser geht? Das ist doch gerade der Unterschied zwischen Landwirtschaft nach Profit und Landwirtschaft mit Herz.“ Die Verbraucher seien zu vorschnell dabei, mit dem Finger auf die „bösen Bauern“ zu zeigen, die die Umwelt mit Pestiziden und Gülle verschmutzen. „Dabei ist bereits viel in Sachen Tierwohl und Umweltschutz gemacht worden und wir sind stetig auf dem Weg, die Landwirtschaft weiter zu verbessern. Das geht aber nur mit wertschätzender Unterstützung unserer Arbeit und nicht mit Dumpingpreisen“, so Schulte-Lindhorst.