Politisches Kabarett krönt schönen Cultura-Restart

Trotz Hygienebeschränkungen: „Deutschlands lustigster Seelsorger“ sorgt für mächtig viel Spaß

Rietberg (sst). Nach rund drei Monaten Corona bedingter Zwangspause hat die Cultura ihre Pforten wieder geöffnet und startete dabei passend zur momentanen großen Aufmerksamkeit auf die Politik mit politischem Kabarett. Durch die Lockerungen der Landesregierung ist es Theatern in NRW nun wieder erlaubt, Veranstaltungen mit bis zu 100 Besuchern unter Einhaltung der allgemeinen Hygieneregeln durchzuführen. Der Abend in der Cultura war gut vorbereitet.

Das ehrenamtliche Cultura Team um den Vorsitzenden Johannes Wiethoff hatte dazu ein ausgeklügeltes Konzept ausgearbeitet, um endlich wieder Gäste im Rund­theater empfangen zu dürfen. „Sie sind heute Abend in gewisser Weise Testpersonen“, sagte Wiethoff bei seiner Ansprache. „Aber wir hoffen, dass alles gut geht und sind uns sicher, dass wir Sie in Zukunft auch wieder ohne Beschränkungen begrüßen dürfen.“ Am Eingang mussten die Hände desinfiziert werden, sich in eine Teilnehmerliste eingetragen werden und bis zum Sitzplatz ein Mund-Nasenschutz getragen werden. Die zwei Eingänge wurden in einen Ausgang und einen Eingang unterteilt und bei den Sitzplätzen galt der Mindestabstand von 1,5 Metern zu anderen Gästen. Paare oder Personen aus dem gleichen Haushalt durften natürlich auch nebeneinander sitzen. Trotz aller Beschränkungen schaffte es „Deutschlands lustigster Seelsorger“ Lutz von Rosenberg Lipinsky mit seinem aktuellen Programm „DEMOKRATUR oder: Die Wahl der Qual“ seine „ostwestfälischen Pappenheimer“ schnell aufzuheitern. In seinem politischen Kabarett ging der gebürtige Gütersloher daher an die Wurzeln der deutschen Politikseele. Er recherchiert, er stellt dar, aus und bloß –
und die Systemfrage: Wozu Demokratie? Seine Finger legt er dabei gerne in die Wunde des politischen Diskurses und stellt unangenehme Fragen: „Wieso geben wir unsere Stimme ab und wundern uns über die anschließende Stille? Wenn die Mehrheit stets schweigt, entscheidet dann nicht immer eine Minderheit?“ Als Beispiel hingen dem 55-Jährigen da die Bilder der Pegida-Demonstrationen im Kopf, auf denen der angebliche Wille des Volkes durchgesetzt werden sollte. „Da gehen 8.000 Menschen montags in Dresden auf die Straße und rufen: „Wir sind das Volk! Und die restlichen 82 Millionen fragen sich: Und wer sind wir dann?!“ 

Auf humorvolle Weise wurden auch die strikten Kontaktbeschränkungen und das mangelnde Mitspracherecht der Bürger verarbeitet: „Viele Leute wurden doch gar nicht gefragt, ob Oma und Opa überhaupt überleben sollen.“ „Mitleid“ hatte der Kabarettist auch mit aktuellen Verschwörungstheoretikern wie Sänger Xavier Naidoo oder Koch Attila Hildmann: „Xavier Naidoo sitzt momentan nur weinend vor der Cam, weil in Kellern Kinder gegessen werden.“ Für die in den Keller gefallenen Umfragewerte der AfD hatte von Rosenberg Lipinsky auch eine Erklärung: „Die AfD hat sich viel Mühe gegeben, aber konnte nicht feststellen, dass ein Syrer das Virus nach Deutschland gebracht hat.“ Nach dem zweistündigen Programm und zufrieden gestellten Gästen, ließ sich feststellen, dass das Rund­theater gut vorbereitet war und für weitere Veranstaltungen, mit vorerst bis zu 100 Besuchern, bereit ist.