Eine lange Tradition geht nun zu Ende

Nach 114 Jahren schließt das Kloster Varensell seine Hostienbäckerei

Varensell. Die Hostienbäckerei der Benediktinerinnen-Abteil Varensell stellt in diesem Sommer nach 114 Jahren ihren Betrieb ein.  Schweren Herzens haben sich die Schwestern dazu entschlossen, denn eine wirtschaftlich sinnvolle Weiterführung der liebgewonnenen Tradition ist in Zukunft nicht mehr möglich. Damit geht eine lange Ära zu Ende. 

Die Hostienbäckerei gehört zu den ältesten Werkstätten der Abtei Varensell. Schon 1908, sechs Jahre nach der Gründung des Klosters, wurde das erste Hostienbackeisen angeschafft. Das kohlengefeuerte Zangeneisen versorgte jedoch zunächst nur das Kloster und die Gemeinde Varensell mit Hostien. Als die Schwestern 1911 die kirchliche Genehmigung erhielten, auch für auswärtige Gemeinden Hostien zu backen, begann die Hostienbäckerei zu wachsen und konnte damit sogar zum Unterhalt des Klosters beitragen.

Die mühsame Handarbeit wurde im Laufe der Zeit allmählich durch technische Entwicklungen erleichtert: Nach dem Anschluss des Klosters an die Stromversorgung Wiedenbrück wurden 1926 die ersten elektrischen Backeisen angeschafft. Doch noch für lange Zeit mussten die Teigplatten einzeln von Hand gebacken und die Hostien ebenso einzeln von Hand daraus ausgestochen werden. Noch 1966 waren die Schwestern mit dreizehn Back­eisen buchstäblich Tag und Nacht im Einsatz, um den großen Bedarf der Gemeinden an Hostien zu decken. 

Mit einer genialen Idee der damaligen Äbtissin Juliana Tüte wandelte sich der Betrieb 1968 grundlegend: Auf ihre Anregung hin wurde ein industrieller Waffel-Backautomat mit achtzehn rundlaufenden Eisen auf Hostienplatten umgerüstet und in der Abtei aufgestellt – dieser war übrigens ein Prototyp für viele andere Betriebe. Mit diesem Automaten und zwei elektrischen Bohrern zum Ausstechen der Oblaten konnten dann in Spitzenzeiten bis zu 100.000 Hostien am Tag gefertigt und für den Versand bereitgestellt werden. Das Kloster ging mit der Zeit:  Rund 1.000 Gemeinden bestellten bis in die Gegenwart per Telefon, Fax oder E-Mail das Brot für die Feier der Eucharistie oder des Abendmahls im Kloster. Zunehmend waren auch Angestellte in der Bäckerei tätig, zuletzt auch in verantwortlicher Stellung.   

Die Varenseller Hostienbäckerei war vielen Menschen der nahen und ferneren Umgebung ein Begriff, gehörte doch seit Jahrzehnten ein Besuch der Abtei zum Standard-Programm für Kommunionkinder-Gruppen. Dabei erklärten die Schwestern den Kindern und ihren Eltern nicht nur, wie Hostien gebacken werden, sondern berichteten auch über das Leben der Nonnen im Kloster. Nicht wenige ehemalige Messdiener älterer Jahrgänge aus der Umgebung erinnern sich noch daran, wie sie damals als Kinder die Hostienpakete bei den Schwestern abgeholt haben.  

Mit dem allgemeinen Rückgang des regelmäßigen Kirchenbesuchs ließen auch die Bestellungen im Hostienversand seit Jahren nach, steht doch die Anzahl der Gläubigen im Gottesdienst mit der Anzahl der benötigten Hostien in unmittelbarem Zusammenhang. Einen drastischen Einbruch bedeutete schließlich die Corona-Pandemie, zu deren Beginn – ohne Gottesdienste – zunächst gar nichts mehr bestellt wurde und zu deren Ende sich die Zahlen nun nicht annähernd erholen. 

So gaben die Schwestern im Mai ihren Kunden bekannt, dass die Hostienbäckerei ihren Betrieb leider einstellen wird. Viele Kunden drückten ihr Bedauern aus und dankten für eine lange Zeit zuverlässiger Lieferung mit mancher persönlicher Verbundenheit. Viele folgten gerne der Empfehlung der Schwestern, ihren Bedarf an Hostien in anderen Klosterbäckereien zu decken, um noch tätige klösterliche Betriebe zu unterstützen. 

Die Abtei Varensell wird ihren Schwerpunkt in Zukunft nun noch mehr auf die Gastfreundschaft legen, die eine wichtige Aufgabe der benediktinischen Spiritualität ist: Im Gästehaus des Klosters finden bereits seit 1977 viele Menschen einen Raum der Einkehr, der Stille und der Begegnung. Oft kommen auch solche, die mit der Kirche keine Berührung haben und doch auf der Suche nach Sinn und nach Gott sind. In diesem Jahr beginnen die Schwestern eine Zusammenarbeit mit den Alexianern, einem großen katholischen Gesundheitsträger, die zahlreiche Fortbildungen und geistliche Angebote für ihre Mitarbeitenden an diesem „Anders-Ort“ ansiedeln wollen. So folgt dem Abschied auch ein Neubeginn, der auf Zukunft gerichtet ist. 

Infos zur Abtei in Varensell gibt es im Internet unter www.abtei-varensell.de.