Eine Baugrube öffnet das Tor in die Vergangenheit

Zufallsfund wird zur größten Ausgrabungsstelle Rietbergs und bietet hochinteressante Einblicke

Rietberg (mad). Es ist die erste Ausgrabung dieser Größe in Rietbergs Innenstadt. Auf einem mehr als 500 Quadratmeter großen Areal zwischen der Senn- und der Rathausstraße, direkt neben dem Parkplatz „Im Ennebutt“ fördern die Archäologen vom beauftragen Unternehmen aus Berlin derzeit allerhand Zeitzeugen alter Baugeschichte Rietbergs zutage. 

Eigentlich hatte Bauherr Andreas Krähenhorst hier zwei Einfamilienhäuser abreißen lassen und wollte das Grundstück neu bebauen. Doch nun muss er sich gedulden, bis Grabungsleiterin Claudia Maria Melisch und ihre fünf Mitarbeiter die Fundstücke gesichert und alle wichtigen Daten für die spätere Auswertung festgehalten haben. Nachdem bei den Abrissarbeiten Tonscherben und Tierknochen gefunden wurden, hieß es erst einmal: alle Maschinen stopp! Hinzugezogen wurde zunächst Dr. Sven Spiong. Der Leiter der Außenstelle Bielefeld der LWL-Archäologie für Westfalen erstellte daraufhin ein Gutachten. Anschließend wurde vom Bauherrn Krähenhorst die Archäologin Claudia Maria Melisch hinzugezogen, um die Ausgrabungen vorzunehmen. Unter einer hohen Sandschicht, die in späterer Bauzeit aufgetragen wurde, um den Baugrund trockenzulegen, kam in einer Tiefe von fast 1,5 Metern ein Bereich mit einer Torfschicht zum Vorschein. Ein Glück für die Archäologen, denn Dank des feuchten Bodens waren viele Teile aus längst vergangener Zeit noch sehr gut erhalten. Sie stießen auf Tierknochen, „viele stammen von Schweinen“, sagt Claudia Maria Melisch, die seit Mitte Juli vor Ort ist. Zudem waren in der Torflinse viele Holzständer erhalten. „Hier wurde immer wieder versucht, das Grundstück trocken zu legen“, erklärt die Archäologin den Fund. Die Tatsache, dass die Holzstücke teilweise angespitzt oder glatt abgesägt waren, liefert den Beweis, dass hier nicht einfach Bäume gewachsen waren, sondern dass dies das Werk von Menschen ist. Ein alter Brunnen und ein Graben lassen die mittelalterliche Planung erkennen. Die Aufschüttung mit der etwa 1,5 Meter hohen Sandschicht wird wohl im späten 16. Jahrhundert erfolgt sein, mutmaßt die Archäologin. Andere Häuser stehen auf der erhöhten Ebene, wie zum Beispiel die Sennstraße 3 an dem die Jahreszahl 1629 prangt. 

Nachdem ein Bagger zunächst für ein sauberes Planum, also eine sauber abgetragene Fläche, gesorgt hatte, machten sich die Archäologen an ihre Arbeit. Mühevolle Handarbeit wohlgemerkt, denn um die Funde nicht zu beschädigen, ist Finderspitzengefühl gefragt. „Wir pellen sozusagen die einzelnen Schichten ab“, erklärt Melisch. Um den Fund für die Nachwelt zu erhalten, wird alles dokumentiert. Eine Drohne machte Fotos von oben, die Fundstücke wurden teilweise geborgen oder kartiert. „Eines muss man sich klarmachen: Eine Ausgrabung geht immer mit der Zerstörung eines Bodendenkmals einher“, sagte Dr. Spiong. Erhalten bleiben nur kleinere Gegenstände und eben die in Bildern festgehaltene Dokumentation der Ausgrabung.