Die Stadt macht von ihrem Vorkaufsrecht Gebrauch

Gaststätte Blomberg beherbergt demnächst Bücher – Vereine sollen weiter Räume nutzen können

Die Traditionskneipe am Platz: In der Rathausstraße 45 werden bald Bücher statt Bier über den Tresen gereicht. Vereinstref

Rietberg (mad). Die Stadtverwaltung zieht ihr Ass aus dem Ärmel und nutzt ihr Vorkaufsrecht – das erste Mal seit vielen Jahren. Der Rat der Stadt hat nun beschlossen, die Gaststätte Blomberg in der Rathausstraße 45 zu erwerben.  Diese wollte eigentlich die Familie Öksüz kaufen und den Gastronomiebetrieb fortführen. Doch die Stadt hat andere Pläne.

Ewig sei es her, dass die Stadt das letzte Mal von ihrem Vorkaufsrecht Gebrauch gemacht habe, erinnerte Josef Beermann (FWG) in der Ratssitzung. Auch Gerd Muhle unterstrich die Besonderheit in diesem Fall: „Das ist keine leichte Angelegenheit“, betonte der SPD-Fraktionschef, der einen solchen Fall in seiner Amtszeit bislang nur ein einziges Mal erlebt hat. Er bilanzierte aber sogleich, dass

Selten zuvor hat die Stadt das Vorkaufsrecht genutzt

der Erwerb durch die Stadt in diesem Fall die beste Lösung sei. Positiv bewertete er die Planung der Verwaltung, in dem Gebäude die Stadtbücherei unterbringen zu wollen, was der Frequentierung der Rathausstraße zuträglich sei. „Dann könnte das Standesamt in die jetzigen Räume der Bücherei ziehen und somit von dem wunderbaren Ambiente im Garten am Progymnasium und dem Kunsthaus profitieren. Das Standesamt wird sich dann vor Anfragen kaum noch retten können“, sagte Muhle.  Marco Talarico hingegen konnte dem Umzug der Stadtbibliothek nicht viel Gutes abgewinnen und gab seine Meinung nachfolgend nicht als CDU-Fraktionschef, sondern rein als Ratsherr ab: „So ein Vorkaufsrecht ist ein bedeutender Einschnitt. Ich frage mich, wo da der Mehrwert ist“, so Talarico. Die Gaststätte in der Rathausstraße genieße eine jahrelange Tradition. Zudem fehle Rietberg eine Art Bürgerhaus. „Wir brauchen auch eine Versammlungsstätte für die ortsansässigen Vereine“, so Talarico. Auch den Umzug der Stadtbücherei in die Immobilie an der Rathausstraße 45 sah er kritisch: „Die Bibliothek sollte in der Nähe des Schulzentrums bleiben, sie ist zusammengehörig mit dem Kunsthaus, kurze Wege verbinden dieses Ensemble.“ Die mit dem Erwerb einhergehenden Planungen der Stadt fand Talarico gemeinhin zu sehr konkretisiert. Kritik an den Plänen

Bibliothekbesucher sollen Rathausstraße beleben

kam auch von Professor Manfred Niewiarra, allerdings empfand er die Planung als zu wenig konkret. „Beim ersten Durchsehen fand ich das alles ganz schick“, sagte der FDP-Sprecher. Doch brachte er auch erhebliche Zweifel angesichts eines Kaufpreises in Höhe von 450.000 Euro und den Folgekosten für Umbau und Unterhaltung. „Damit binden wir uns ein weiteres Subventionsobjekt ans Bein“, sagte Niewiarra. Nach einer sehr maßregelnden Belehrung des Ratsherrn durch Bürgermeister Andreas Sunder, weil Niewiarra die Kaufsumme ausgeplaudert hatte, die bislang in nicht öffentlichen Sitzungen zur Sprache gekommen war, setzte sich die Diskussion fort: Dr. Ute Buchheim (FWG) befürwortete den Erwerb der Immobilie, auch oder besonders vor dem Hintergrund des Umzuges der Stadtbibliothek. „Es überwiegen die Vorteile: Das Standesamt könnte mehr Platz gebrauchen, die bisherige Bibliothek ist zu klein und auch das Stadtarchiv platzt aus allen Nähten“, so die FWG-Frau. Die Nähe zur Schule spielte aus ihrer Sicht eine zu vernachlässigende Rolle, machten sich die Schüler in der heutigen Zeit doch eher über das Internet schlau, als in eine Bibliothek zu gehen. „Außerdem verfügt das Schulzentrum über eine eigene Bibliothek.“ Als Begegnungsstätte für Vereine hielt sie die Südtorschule für geeigneter, befürwortete aber letztlich den Kauf der Gaststätte Blomberg. So fiel schlussendlich dann auch das mehrheitliche Abstimmungsergebnis aus.

Kaufinteressent enttäuscht von Abstimmungsergebnis

Eigentlich wollten die Eheleute Hasibe und Murat Öksüz aus Rietberg die Gaststätte Blomberg übernehmen und den etablierten Gastronomiebetrieb erhalten. Murat Öksüz selbst war bei der Sitzung im Rat nicht anwesend, erfuhr auf postalischem Wege von der Verwaltungsentscheidung. „Das ist schade, aber wenn städtebauliche Argumente dafür sprechen, kann man nichts machen“, so Öksüz, der seinen Traum von einem gastronomischen Betrieb noch nicht aufgeben möchte. „Ich werde es an anderer Stelle noch einmal versuchen. Eine konkrete Immobilie habe ich aber noch nicht ins Auge gefasst“, sagt er.