„Achtung für Tiere“ kritisiert Kaninchenhaltung im Park

Astrid Reinke wendet sich mit offenem Brief an Verwaltung und Parkbetreiber – mit Erfolg

Am 17. Juli entstand dieses Foto. Die Kaninchen hatten kein Futter, kein oder nur verdrecktes Wasser und liegen in schmutzige

Am 17. Juli entstand dieses Foto. Die Kaninchen hatten kein Futter, kein oder nur verdrecktes Wasser und liegen in schmutzigen kleinen Käfigen. Draußen waren es über 30 Grad.  Foto: „Achtung für Tiere“

 

Rietberg (mad). „Ich war entsetzt, als ich das gesehen habe“, sagt Astrid Reinke. Die Vorsitzende des Vereins „Achtung für Tiere“ war Mitte Juli im Gartenschaupark und hatte sich einen Eindruck von der Kaninchenhaltung dort verschafft. Ausgerechnet an sehr heißen Julitagen seien einige der Tiere ohne Wasser oder nur mit verschmutztem Wasser versorgt gewesen. Aber nicht nur das bemängelt die engagierte Tierschützerin.

Mehrere Fotos hatte sie angefertigt und einen mehr als zwei Seiten umfassenden offenen Brief an Bürgermeister Andreas Sunder und Park-Chef Johannes Wiethoff gesendet. Zudem, dass die Nager ausgerechnet an Tagen mit Temperaturen über 30 Grad ohne Wasser waren, fehlte es auch an Futter wie Heu. Die Käfige, die Astrid Reinke als viel zu klein für die bewegungsfreudigen Tiere einstuft, waren mit Kot verdreckt und boten den Tieren keine Rückzugsmöglichkeiten. „Das ist eine aus unserer Sicht dramatische Haltung“, sagt sie und betont: „Die Niedlichkeit der Tiere darf nicht über diese Haltungsbedingungen hinwegtäuschen. Kaninchen müssen laufen und buddeln können, sie brauchen Verstecke und Sozialkontakte. All das ist hier nicht gegeben. Aber vor allem brauchen sie Futter und Wasser.“ Die Tiere, teilweise in Einzelhaltung, zeigten stereotype Verhaltensweisen, berichtet sie. Schon oft hatte sie Anrufe von Parkbesuchern erhalten, die sie an das Veterinäramt verweisen musste.

Auf die Beschwerde sei umgehend reagiert worden, heißt es aus dem Rathaus. Mitarbeiter der Park-GmbH hatten die Vertreter des Rassekaninchenzuchtvereins W376 informiert, die binnen kürzester Zeit vor Ort waren, um für frisches Wasser zu sorgen. Einzelne Tiere wurden zudem aus warmen Käfigen herausgenommen. „Die Park-GmbH
weiß die Kaninchen bei den Züchtern in guten Händen“, ist in einer Stellungnahme zu lesen. Park-Chef Johannes Wiet-
hoff, der den Vorfall als Einzelfall wertet, erklärte dazu, dass die Tieranlage im Parkteil Neuenkirchen vom Veterinäramt genehmigt ist: „Im Gartenschaupark Rietberg muss kein Tier leiden. Das würden wir niemals zulassen.“ 

Dem widerspricht Astrid Reinke: Denn auch am folgenden Nachmittag  seien wieder Tiere alleine und teilweise ohne Nahrung und Wasser vorgefunden worden. „Es kann nicht sein, dass erst zufällige Beobachtungen von Besuchern dazu führen, dass die Tiere Hilfe bekommen“, sagt sie und ergänzt zur allgemeinen Haltungsform in Kisten und Käfigen: „Wenn das Veterinäramt diese Haltung abgesegnet hat, muss man sich eines verdeutlichen: Das Amt kümmert sich nur darum, dass die allernötigsten Grundbedürfnisse erfüllt sind. Es ist erlaubt, Kaninchen so zu halten. Aber es ist nicht artgerecht. Mehr noch: Es ist schockierend, dass heute noch jemand so etwas öffentlich vorzeigen mag“, entgegnet Astrid Reinke.

Eine Beendigung der Kaninchenhaltung im Park sei nicht vorgesehen, hieß es zunächst noch. „Wir möchten Familien mit Kindern weiterhin die Gelegenheit bieten, im Park Tiere zu erleben und sich an ihnen zu erfreuen“, sagt Wiethoff. 

Doch offenbar fand ein Umdenken statt: „Wir haben heute auch die letzten dort verbliebenen Tiere abgeholt und die Anlage komplett geräumt“, sagt Heinz Dieter Brockschnieder. Man wolle, so der zweite Vorsitzender des KZV W376, zunächst einmal Ruhe in die Sache bringen und in enger Abstimmung mit der Stadt, der Park-GmbH und den Züchter beratschlagen, ob und wie eine Kaninchenhaltung im Park weiterhin möglich wäre. Den Vorfall bedauert Brockschnieder offen und ehrlich. Wie eine Haltung aussehen könnte, müsse nun besprochen werden. „Wir sträuben uns nicht, Gespräche zu führen und Lösungen zu finden. Ganz im Gegenteil“, so Brockschnieder.

Astrid Reinke meint dazu: „Die Entscheidung, die Tiere wegzunehmen, ist nur dann richtig, wenn sie auch wegbleiben“. Sie verweist auf ein Merkblatt der Tierärztlichen Vereinigung für Tierschutz. Darin heißt es: „Für die Dauerhaltung von zwei Kaninchen muss eine Grundfläche von mindestens 6 Quadratmetern zur Verfügung stehen.“ Dies sei, ebenso wie die Vorgabe für Futter und insbesondere Wasser, nicht erfüllt.

 

 

Redaktionsmeinung

Tiere nur zur Belustigung?

Die Entscheidung, die Kaninchen jetzt aus den Käfigen zu nehmen, war richtig. Dass die Parkbesucher sich an den Tieren erfreuen sollen, kann und darf nicht das Argument dafür sein, Tiere in dieser Art zu halten. Nichts spricht dagegen, den Kaninchen im Gartenschaupark ein Areal zu schaffen, auf dem sie ihre Bedürfnisse nach laufen, buddeln, verstecken und nach Kontakt mit Artgenossen befriedigen können. Wären solche glücklichen Kaninchen nicht ein viel erfreulicherer Anblick? Zudem hätte so eine Haltung Vorbildcharakter und wäre ein Aushängeschild für den Zuchtverein.  Addicks