Abschied: Friedhofswärter verlassen den Gottesacker

Hans Pietzonka und Erich Brunnert beenden ihre ehrenvolle Arbeit in Rietberg und Bokel

Hans Pietzonka (links) und Erich Brunnert haben über vier Jahrzehnte insgesamt, erst als Helfer beim Vorgänger Heinz Hanhar

Rietberg (dg). Sie sind die guten Geister, helfenden Hände und begleiten auf dem Friedhof in Rietberg und Bokel (seit 2004)  Verstorbene, von denen sie die meisten auch persönlich kannten, auf ihrem letzten Weg. Dieser ehrenvolle Dienst endet am 31. Dezember 2019. Zu diesem Datum haben sie von der Kirchengemeinde ihre Kündigung erhalten, denn Begräbniswesen und Friedhofsverwaltung wechseln zum 1. Januar 2020 zur Stadt Rietberg.

Zwei vertraute Menschen werden fehlen. Sie sprechen mit Angehörigen vertrauensvoll und sensibel über Begräbnis, Auswahl der Grabstelle, geben Rat bei so manchen Fragen, denn sie kennen sich bestens

Jede Woche an sechs Tagen verfügbar – bei jedem Wetter 

auf dem Gottesacker aus. Sie sind im ganzen Jahr, Woche für Woche sechs Tage dienstbereit, wenn beerdigt werden muss, in Rietberg und Bokel, bei jedem Wetter. Seit ca. 25 Jahren verantworten Hans Pietzonka und Erich Brunnert sämtliche Bestattungen in eigener Regie. Dazu beauftragt von der Kirchengemeinde St.- Johannes-Baptist, sind sie geschätzte Friedhofswärter die sich um alles kümmern.

Angefangen hat das Interesse für die Aufgaben, bei Hans Pietzonka, zu einer ungewöhnlich frühen Zeit. Angeregt durch Messdiener-Handlungen bei Beerdigungen, drängte ihn die Frage, was nach dem Tod geschieht. Getrieben durch Wissensdurst, schaute der erst zehnjährige Hans, bei einer Grabschließung, dem damaligen Totengräber Heinz Hanhardt auf die Schüppe. Jener schickte ihn doch mit deutlichen Worten zurück.

Eine Beerdigung später stand der Junge wieder da. Hanhardt spürte wohl sein wahres Interesse. „Nur zugucken gib‘s nicht, nimm den Spaten und pack mit an“, empfing er den staunenden „Junggehilfen“.

„Danach durfte ich immer öfter dem Heinz helfen“, erinnert sich Hans Pietzonka heute, im Gespräch mit dem RSA. Das nahm konkrete Formen an. Denn sein „Chef“ freute sich über Unterstützung bei der körperlich schweren Arbeit. Auch die Anzahl der Bestattungen stieg. Vorausschauend aktiv fragte Pietzonka Erich Brunnert ob er helfen könne. Über vier Jahrzehnte sind seit diesem Gespräch vergangen und aus ihnen ist ein hocherfahrenes Duo geworden. Lange halfen sie Heinz Hanhardt für Gotteslohn.„Das war für uns Ehrensache“ erklären beide einstimmig. „Immerhin hat seine Familie über 100 Jahre, in drei Generationen, den letzten Weg für
Verstorbene begleitet, für einen kargen Lohn“, erzählen beide weiter. Viel haben sie von Heinz gelernt, aus seiner reichhaltigen Erfahrung mit Lebenden und Toten, ergänzen die zwei. Nähe zum Tod definiert sich anders, er sei nicht mehr ihr Feind.

Geänderte Sicht: Der Tod ist  nicht mehr unser Feind

Einige tausend Menschen haben sie begraben, als Helfer oder in Eigenregie.  Immer mit dem Ziel, den Verstorbenen die letzte Ehre zu erweisen. Nach Emotionen gefragt berühren sie Todesfälle, bei denen Menschen viel zu früh aus dem Leben gerissen wurden. 

Besonders hart wird es bei Begräbnissen von Kindern. Diese Erlebnisse bleiben haften, oft sehr lange Zeit. Auch wenn Menschen, deren Sterben absehbar ist, mit uns ihre Grabstelle wählen. Man stumpft halt nicht ab durch den Umgang mit dem Tod. Verändert

Die Bestattungskultur hat sich in den Jahren geändert

hat sich die Bestattungskultur. Für die Hälfte aller Beerdigungen werden in Rietberg Urnengräber gewählt, mit wachsender Tendenz. Verändert hat sich auch das Anspruchsdenken und ein spürbarer Egoismus. So berichten Pietzonka und Brunnert aus einem facettenreichen Erfahrungsschatz als Friedhofswärter. Ein Leben im Nebenjob, geprägt durch Verschwiegenheit, zeitliche Verfügbarkeit, Pietät und Ehrfurcht.

Hans Pietzonka hat zusätzlich, im Ehrenamt, noch die gesamte Friedhofsverwaltung, auch im Nebenjob, verantwortet. Zwei Menschen mit Herzblut verlassen „ihren Friedhof“. Eigentlich ein Trauerspiel. Man darf gespannt sein, was darauf folgt.

 

Friedhofsverwaltung im Nebenjob und Ehrenamt verantwortet Hans Pietzonka bis zum 31. Dezember 2019. Dann ist Schluss für ihn. Die Stadtverwaltung übernimmt.