Mastholte (dg). Bürgermeister Andreas Sunder (parteilos), sein Herausvorderer als neuer Rathaus-Chef Marco Talarico (CDU) und Vertreter der Parteien im Rietberger Stadtrat waren der Einladung nach Mastholte gefolgt. Vorstand Helmut Pöppelbaum zeigte sich, als Veranstalter und Moderator der Diskussion, über die große Publikums-Resonanz erfreut.
Nicht alle der rund 140 Besucher fanden Platz in der Jakobsleiter. Improvisation war gefragt, so saß ein Teil der Gäste im Außenbereich des Veranstaltungsgebäudes. Warme Abend-
Temperaturen und eine seitlich geöffnete große Glasschiebetür machten die Teilnahme möglich. Die ersten 60 Minuten gehörten den Kandidaten Sunder und Talarico. Glück und Zufriedenheit als Motivation für die nächste Zeit, sieht Andreas Sunder (13 Jahre im Amt) als Basis für sein berufliches Engagement. Will erhalten was aufgebaut ist. Sieht die Wirtschaft als Entwicklungstreiber. Will Dynamik im Wohnungsbau, neue Gewerbegebiete, nennt Arbeitsplatz-
Entwicklung. 2012 = 10.000 aktuell 14.000. Zwischenfrage von Pöppelbaum: Was können wir uns bei 100 Millionen Schulden und rund 90 Mio. Zukunfts-Investitionen noch leisten? Sunder verweist auf Haushaltskonsolidierung und strikte Sparmaßnahmen. Konkurrent Marco Talerico bringt zehn Jahre intensive Erfahrung aus der Kommunalpolitik mit. Als Fraktionsvorsitzender der CDU im Stadtrat kennt er das politische Tagesgeschäft in Rietberg. Der 48-jährige Fachleiter im Zentrum für Lehrerausbildung in Bielefeld, formuliert machen Punkten sehr deutlich seine Sichtweise und legt den sprichwörtlichen Finger in so einige Verwaltungswunden. Bauen, was ins Ortsbild passt, Autos auf Grundstücke parken, sorgt sich um grenzwertige Finanzsituation, zahlen jährlich
3 Millionen Euro Zinsen, tilgen den Schuldenberg von 100 Mio. mit 2 Mio. per anno, das ergibt 50 Jahre Rückzahlung. Spricht den Einsatz externer Planungsbüros fast bei jeder Maßnahme an und pocht auf die Leistung aus der Verwaltung um drastisch zu sparen. Bevor wir wie geplant Grund- und Gewerbesteuer erhöhen, gilt es jede Kostenposition zu überdenken mit der Frage, was können wir uns noch leisten. Die Entwicklung der Vergangenheit kontert Sunder mit dem Argument, das jede Entscheidung gemeinsam mit dem Rat mehrheitlich getroffen wurde. Von 400 Kommunen in NRW haben lediglich 15 einen ausgeglichenen Haushalt. Es fehlen finanzielle Unterstützung von Bund und Land. So auch Talarico, Städte und Gemeinden sind unterfinanziert, wünscht weniger Fördergelder, die hohen Verwaltungsaufwand nach sich ziehen, sondern monetäre Grundausstattung von Land und Bund. (Applaus vom Publikum). Zum Thema Klima-Neutralität schildert der CDU-Kandidat die vereinbarten Planungen. 2030 klimaneutrale Verwaltung, 2040 klimaneutrale Stadt. Eine kommunale Wärmeplanung steht. Er möchte Rietberg grüner machen (nur naturbedingt ist anzunehmen) und schlägt vor, 5.000 Bäume mit Baum-Patenschaften zu pflanzen. Andreas Sunder unterstreicht, dass bei allen Planungen Klima- sowie Umweltschutz an erster Stelle steht. Zum bedeutenden Aufbau von Wind-Energie konnte man sich, aufgrund aktueller Planungsphasen, noch nicht äußern. Nach gut einer Stunde endete die Kandidatenrunde. Es war ein sachlicher Austausch von Argumenten, von Wahlkampf war wenig zu spüren. Leider ließ Marco Talarico, der den amtierenden Rathaus-Chef ablösen will, vermissen, was er als Bürgermeister, in und mit der Verwaltung verändern will.
Im zweiten Teil des Abends kamen die Parteien zu Wort. Das zog sich. Nach individueller Vorstellung der Kandidaten präsentierten sie ihre Vorstellungen und Ziele für Rietbergs Entwicklung.
CDU: will unter anderem günstiger bauen, Familien stärken, mehr Sparvorschläge, keine Luxus-Bauten wie das Gymnasium, Planungskosten reduzieren.
UWG: wünscht bezahlbares Wohnen für Mieter und Eigentümer, Wachstum für Mastholte, Sparmaßnahmen, und erinnert, dass nicht eine der beklagten Entscheidungen durchgekommen wäre, wenn die CDU nicht gewollt hätte.
FDP: hält ihren Fraktionsstatus im Rat für wichtig. Spricht unangenehme Wahrheiten aus. Hat Kostenreduktion beim neuen Feuerwehrhaus bewirkt (1,8 Millionen), beantragt neue Raumplanung bei Gesamtschule, hat seit Jahren ein finanzielles Desaster kommen sehen, deshalb Haushaltspläne abgelehnt. Gymnasium sollte bei Investitions-Entscheidung 27 Mio. kosten, am Ende sind es rund 40 Mio.
SPD: fordert soziale Gerechtigkeit für alle. Tempo 30 in Zentren, Klimawandel, Radwegebau, Stellenabbau in der Verwaltung.
Grüne: auch Klimawandel, Tempo 30, verkehrsberuhigte Zonen, PV-Anlagen auf allen öffentlichen Gebäuden, Holzbauweise, transparente Kostenplanung.
Alles in allem ein großer Wunschzettel für politisches Handeln nach der Kommunalwahl. Bleibt abzuwarten was dann Realität wird.
Fotos: RSA/Rehling